Der Nussknacker, RuhrNachrichten 21.10.2012
Mit Elektroschlitten in bunte Traumwelt
HAGEN Das Theater Hagen hat die Weihnachtssaison eingeläutet. Mit Tschaikowskys "Nussknacker" lässt Ricardo Fernando seine kleine Compagnie bereits im Oktober unterm Tannenbaum tanzen. Herausgekommen ist ein knallbunter Tanztheaterabend, der für Erwachsene und Kinder funktioniert.
Allerdings tauscht Ballettchef Ricardo Fernando die weihnachtliche Betulichkeit des Ballettlibrettos gegen die Skurrilität und Groteske der Märchenvorlage von E.T.A. Hoffmann und mischt noch ein paar Modernisierungen darunter.
Für Fernando ist "Der Nussknacker" so etwas wie der rote Faden seiner Karriere. Mitte der 90er-Jahre gelang ihm damit sein Durchbruch als Tänzer in Brasilien, und selbst in Hagen zeigt er ihn als Choreograf bereits zum zweiten Mal.
Reizüberflutung bei der Ausstattung
Acht Jahre ist das her und Fernando hat sein Konzept umgekrempelt. Ließ er seine Tänzer damals in eher schlichter Kulisse agieren, so grenzt die Ausstattung nun stellenweise an Reizüberflutung.
Ausstatterin Petra Mollérus hat ein schiefwinkliges Haus im Stile expressionistischer Filme entworfen. Darin tummelt sich eine skurrile Schicki-Micki-Gesellschaft in edlen, schwarz-weiß gemusterten Kostümen.
Bonbonbuntes Wunderland
Pate Drosselmeier ist ein wirklicher cooler Onkel für die Kinder, der sie mit seinen Geschichten vom Nussknacker und der Mäusekönigin sowie seinem - noch cooleren - (Elektro-)Schlitten in eine Traumwelt entführen wird. Dort gibt es dann endlich Farben - Petra Mollérus zieht für das bonbonbunte Wunderland des zweiten Akts alle Register.
Fernando lässt dazu eine Schar Kinder als Bonbons und Mäuse über die Bühne wirbeln, unterzieht den Reigen der Süßigkeiten einiger Aktualisierungen.
Der Tanz bleibt klassisch
So offenkundig modern wie mit dem Inhalt der Geschichte geht Fernando keineswegs mit dem Tanz um. Der bleibt in seinen Grundzügen weitgehend klassisch. Der junge Dirigent David Marlow vermittelte dem Orchester hörbaren Elan. An diesem Abend sprangen die Funken zwischen Bühne und Orchestergraben vielfach hin und her. Ein großer Spaß!